Artikel aus dem Handelsblatt vom 18.02.2018
Text von Susanne Schreiber; Foto: Jürgen Rösner
Die „Art Karlsruhe“ konnte stets auf ihre kaufentschlossenen Kunstfreunde bauen. Nächste Woche geht sie wieder an den Start – mit einem Angebot, das von der Moderne bis zu den jüngsten Publikumslieblingen alles abdeckt.
Hier wohnen so viele Privatsammler und Kunst fördernde Unternehmer wie nirgendwo sonst in Deutschland. Darum hat Ewald Karl Schrade, der die Galerie Schloss Mochental in Ehingen an der Donau und eine Dependance in Karlsruhe betreibt, „seine“ Kunstmesse auch im Land Baden-Württemberg aufgezogen. Seit 15 Jahren wirkt Schrade als Kurator und Spiritus Rector der „Art Karlsruhe“. Zeitlich klar vor der international tonangebenden „Art Cologne“ gelegen, erfreut sich die tief in der Region verankerte Art Karlsruhe steten Zuspruchs von Ausstellern wie von kaufenden Gästen.
Ab Donnerstag buhlen wieder 215 Galerien aus 15 Ländern in vier schönen Tageslichthallen um die Gunst der kaufentschlossenen Kunstfreunde (22. bis 25. Februar). Die Art Karlsruhe unterscheidet sich tatsächlich von anderen Kunstmessen.
Zu ihrem Profil gehören etwa die bewusst ausgewiesenen 20 Skulpturenplätze. Erstmals wird 2018 der mit 20.000 Euro dotierte Loth-Skulpturenpreis vergeben, finanziert von der L-Bank, der Landesförderbank im Ländle. Weil der Kunstbegriff auf der Art Karlsruhe stets besonders weit gefasst wird, stößt der Kunstflaneur hier auf Werke, die einen Realismus pflegen, wie man ihn sonst kaum mehr findet.
Das gilt unter anderem für die Lindenholzskulptur von Thomas Hildenbrand („Spread your wings III“ bei Galerie Mühlfeld + Stohrer), für Robert Metzkes „Knienden Akt“, eine Bronze von 2009, die so ausgewogen schön sein will, dass man sie glatt um rund 100 Jahre früher datieren könnte (Kunsthaus Wiesinger). Auch die spätimpressionistisch beseelten Ölgemälde von André Krigar (bei Pfundt) bedienen sich einer bewährten, aber bereits lange zurückliegenden Bildsprache.
Den Hyperrealismus pflegt Mirko Schallenberg (Galerie Friedmann-Hahn) auf fast altmeisterliche Weise, wenn er eine angeschlagene Vase, ein Glas, einen Hummer und einen Holzscheit in einem Vanitasstillleben zusammenbringt. Die Verwirrung der Sinne gelingt Stefan Gross. Die Galerie Chiefs & Spirits aus Den Haag zeigt Gross’ Mixed-Media-Arbeit „Wilder Salat“. Und der Betrachter weiß nicht, ob die sich kräuselnden Blätter gemalt sind oder ob sie dreidimensional in den Raum ausgreifen.
Pop-Art feiern die Gemälde von Christopher Corso mit dem wasserbesprenkelten Modellporträt „Up to the Blue“ (Galerie an der Pinakothek der Moderne, Barbara Ruetz) oder die kessen Weiberfiguren von Elvira Bach, die dem Stil der „Jungen Wilden“ seit den 1980er-Jahren treu geblieben ist (Reitz).
Publikumslieblinge dürfen bei einer Messe, die nicht vorrangig die jüngsten Trends auffahren will, nicht fehlen. Geuer & Geuer tritt mit Acrylbildern von Jungstar Leon Löwentaut an, der Neoexpressives mit Elementen von Jean-Michel Basquiat mixt. Das Kunsthaus Lübeck gibt dem Schauspieler, Konzertgeier und Maler Armin Müller-Stahl eine sicher viel beachtete Plattform.
Die andere Seite der Messe ist die Pflege der Klassischen Moderne und der Nachkriegszeit in musealen Werken. „Die Art Karlsruhe zeigt das komplette Spektrum der Kunst des 20. Jahrhunderts, flankiert durch neue Werke aus den Ateliers“, sagt Messechefin Britta Wirtz. Henze & Ketterer kuratieren eigens eine Expressionistenschau zum Thema Tanz und Musik, unter anderem mit einem Spätwerk von E. L. Kirchner „Sängerin am Piano“, das in seiner Reduktion schon auf die Pop-Art verweist. Thole Rotermund stellt Papierarbeiten von Karl Hofer in den Mittelpunkt, die Galerie Stockebrand + Uekermann ein krustiges Ölbild von Willi Baumeister, der die Abstraktion aus „Linien und Flächen“ 1944 wagte, als Figuratives Staatsdoktrin war.
Die Galerie Maulberger widmet dem französischen Zero-Künstler Bernard Aubertin eine der zahlreichen und für Karlsruhe so typischen One-Man-Shows. Bei dem auf die Stilrichtung Informel spezialisierten Galeristen Georg Nothelfer bekommen die sogenannten Eruptiven Bilder von Walter Stöhrer (1937 – 2000) einen Einzelauftritt. „Die Galerie“ aus Frankfurt setzt sich neben Franzosen auch für Volker Stelzmann ein. Der ehemalige Professor in Leipzig fasst unsere Abhängigkeit vom Mobiltelefon in ein nachdenklich stimmendes Gesellschaftsbild von Chaos und Isolation.
„art KARLSRUHE 2018“, Messe Karlsruhe, Messeallee 1, 76287 Rheinstetten, 22. bis 25. Februar 2018, täglich von 11 bis 10 Uhr, www.art-karlsruhe.de