Für seine Arbeiten dienen dem 1951 in Bad Mergentheim geborenen Bildhauer Petrus persönliche Begegnungen und Erfahrungen als Anregung, die er in plastischen Werken verdichtet und ironisch konterkariert. Die erste Umsetzungsphase ist von einer intensiven zeichnerischen Auseinandersetzung mit der noch abstrakten Grundidee geprägt. Als erste rohe Skizze wird die im Künstler reifende Idee mit kurzen, heftigen Strichen zu Papier gebracht. Nach der Reihe entstehen so unterschiedliche Zeichnungsvarianten. Im weiteren Schritt geht der Künstler dazu über, die Bildidee plastisch umzusetzen. Die in den Zeichnungen zuvor festgehaltenen und genau beobachteten Bewegungsabläufe werden im Arbeitsprozess in die dritte Dimension übertragen, dadurch verändert und interpretiert. Verzerrung und Übersteigerung der Motive gehören dabei ebenso zum künstlerischen Repertoire wie Reduktion und Zusammenfassung.
Neben dem für Petrus zentralen Werkstoff Holz spielen ungewöhnliche Materialien wie Ofenkitt, Draht, Wachs, Gebrauchsobjekte des Alltags, Papier oder – wie in seinen neuesten Arbeiten – ganze Bücher mit ihren spezifischen Charakteristika in die Wirkung der meist kleinformatigen Figuren und Objekte hinein und verleihen ihnen eine fragile und ephemer anmutende Erscheinungsform, die auch den geringsten Anflug von Pathos auf’s Korn nimmt oder gleich im Keim erstickt.
In fast allen Arbeiten geht es dem Künstler um den Menschen und um sein Handeln und Verhalten. Es sind die zwischenmenschlichen Bereiche, aber auch bestimmt Eigenheiten und Fehler, die Petrus anregen. Ein weites Feld, dem der Künstler besondere Aufmerksamkeit widmet, sind die Problemfelder und Spannungsverhältnisse zwischen Mann und Frau. Petrus erzählt in seinen Kunstwerken Geschichten, überaus menschliche Geschichten, in denen sich Wahrheit mit Erinnerung, Fiktion und Phantasie verbinden. Immer sucht der Künstler dabei, der den menschlichen Gegebenheiten innewohnenden Ambivalenz und Wandelbarkeit mit künstlerischer Ironie zu begegnen und sie sichtbar zu machen; sei es die unbewusste Komik einer persönlichen Seinskrise, die Lächerlichkeit eines von Beginn an zum Scheitern verurteilten Selbstbehauptungsversuchs oder der angestaubte und lebensferne Pathos eines Literaturklassikers. Auch seine Werktitel sind Bestandteil der Arbeiten und fügen diesen eine weitere sprachliche Facette hinzu. Bei der ersten Begegnung mit diesen unpretentiösen, jedoch mit größter künstlerischer Genauigkeit und Ernsthaftigkeit überlegten und bildhauerisch ausgeführten Werken kann man ein Schmunzeln kaum unterdrücken – und warum auch?
Jan T. Wilms
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